„Die Spinnen ja“!

Claudia Schmidt zeigt alte Handarbeitstechnik – Geduld gefragt Von Volker Heller Allendorf. „Der Plan ist, dass die Hände irgendwann wissen, was zu tun ist“verkündet Claudia Schmidt im Bürgertreff Altstadt. Der Heimat- und Verkehrsverein Allendorf/Lumda hatte einen Spinnkurs für Anfängerinnen organisiert. „Das Rad reißt einem den Faden aus der Hand“, fährt Schmidt fort. Sie Spinnt seit ihrem zwölften Lebensjahr, hält große Stücke auf Wolle und Flachs und hat offenbar die notwendige Ruhe und Einfühlsamkeit, um anderen Menschen, für das scheinbare Relikt aus der guten alten Zeit zu begeistern.

Vor allem kennt Schmidt die Einstiegsschwierigkeiten wie aus dem Effeff. Schafwolle hatte sie mitgebracht. Die ist von Natur aus verschiedenfarbig: Weiß-, Grau- und Brauntöne. Zwar gibt ein Flügelspinnrad das notwendige technische Hilfsmittel ab, um den Wollfaden aufzuwickeln. Um jedoch aus einem losen Knäuel gekämmter Wolle einen gleichmäßigen Faden zu erhalten, bedarf es weiterhin Handarbeit mit Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger.

Das Spinnrad sollte gleichmäßig rund laufen, immer im Uhrzeigersinn. Auf dem Trittbrett steht normalerweise der rechte Fuß. Natürlich kann auch mit links abgewechselt werden. Einfach mal ausprobieren. Die Kunst, einen gleichmäßigen dicken Faden zu erzielen, besteht darin, mehrere Funktionen miteinander zu harmonisieren und synchronisieren: Auseinanderziehen des Wollknäuels mit einer auf die gewünschte Fadenstärke und das Spinnmaterial abgestimmten Geschwindigkeit der Spinnradumdrehung. Verdrehen des Fadens mit der Hand und beständige Fußarbeit.

Bei Anfängerinnen ist der Faden einmal zu dünn, zu dick, ungleichmäßig oder er reißt ab. Kommt noch hinzu, dass zu dicke Fäden oder ungewollte Fadenverdickungen nicht durch das Einzugsloch am Spinnrad passen. Das führt schnell zu Kuddelmuddel. Weil Fehlschläge vorprogrammiert sind, benötigt man eine gewisse Frustrationstoleranz. Trockenübungen erleichtern den Einstieg: Trittbrett treten einfach so und Faden verdrehen mit der Handspindel. Schmidt erklärt und plaudert aus dem Nähkästchen.

Von Öl und Holz hält sie rein gar nichts. Das Holz könne quellen. Vaseline oder Labello machen Schwergängigkeit wieder flott, ziehe aber nicht ins Material ein. In Schmidts „Erste-Hilfe-Beutel“ gehören auch Nagellack und Häkelnadel. Mit der Nadel kann der Faden zum Spinnbeginn leicht durch das Eingangsloch gefädelt werden. Die verknoteten Kordelenden gleiten mit Nagellacküberzug besser über die Spinnwirteln.

Schmidt hat einige historische Spinnräder aus dem Museumsbestand wieder flottgemacht. Noch fehlte das Kordel für den Antrieb. Allein das korrekte Anlegen am zweifädigen Spinnrad in Form einer überkreuzten Acht auf Flügelwirtel und Spulenwirtel ist eine Fummelei. Gut Ding will eben Weile haben.

Wer das Spinnen einmal ausprobieren will, für den gibt es weiterführende Informationen im Internet auf handspinngilde.org und Chantimanou.de/über-mich. Chantal-Manou Müller hat zwischen 2010 und2023 fast 400 Videos überDas Spinnen mit Handspindeln und Spinnrad, Färben, Weben auf You-Tube veröffentlicht. 2015 erschien das Buch “spinn, Spindel, spinn“, im Buchhandel unter ISBN-Nummer 9783734751387 oder im Online-Handel als E-Book erhältlich.“

Der Spinnkurs wird am 15. September um 14.00 Uhr im Bürgertreff Allendorfer Altstadt fortgesetzt. Interessierte können sich beim Heimat- und Verkehrsverein melden.

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